GREVENBROICH | Sie ist für die Stadt der Joker unter den Schulgebäuden: Wenn in einer Schule größere Sanierungen anstehen, dann wird der Komplex der ehemaligen Realschule Bergheimer Straße gern als Ausweichquartier genutzt. Zuletzt lernte dort zwei Jahre lang die Oberstufe der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule. „Es wird Zeit, sich von Seiten der Verwaltung Gedanken zu machen, wie das Gebäude weiterentwickelt werden kann, wenn es von der Stadt nicht mehr benötigt wird“, meint CDU-Ratsfrau Heike Troles. Ihre Fraktion hat für die künftige Nutzung bereits einen Vorschlag. Die Verwaltung solle prüfen, „ob die Gebäude der ehemaligen Realschule nach dem Ende ihrer schulischen Nutzung als Startup-Büros zur Verfügung gestellt werden können“, heißt es in einem Antrag der Fraktion für die Sitzung des Hauptausschusses am Donnerstag.
Neu gegründete Unternehmen, Projektteams, Dienstleister und andere sollen dort ein „räumlich und zeitlich variables Arbeitsumfeld“ finden. „Die Arbeitswelt erfährt einen Veränderungsschub. Variabilität. Flexibilität, Homeoffice und Co-Working-Spaces erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Auf diese Entwicklung müssen auch Unternehmen regieren, um als Unternehmensstandort attraktiv zu bleiben“, erklärt die CDU. Im heutigen Schulgebäude sollen Unternehmer künftig Büros oder Arbeitsflächen mieten, sie finden dort aber auch Gleichgesinnte zum Erfahrungsaustausch. „Ich denke, dass für ein solches Angebot Bedarf besteht“, sagt Heike Troles. Ein solches Zentrum steigere die Attraktivität des Standorts Grevenbroich. Zudem würden viele neue Unternehmen in Zukunft mehr Arbeitsplätze schaffen. Auch Biontech, Entwickler eines Corona-Impfstoffs „hat als Start-up begonnen“, sagt Troles. Außerdem würden viele Firmen ihre organisatorischen Abläufe überdenken. Oft würden nicht mehr große Büros benötigt, sondern flexiblere Lösungen. „Start-up-Unternehmen haben oft großes Wachstumspotenzial“ sagt stellvertretender Fraktionschef André Dresen. Der Standort an der Bergheimer Straße sei nah an der Innenstadt, verfüge über gute Verkehrsanbindung. Für die Umwandlung in eine Coworking-Stätte könnten laut CDU Investoren gewonnen werden oder die Stadtentwicklungsgesellschaft aktiv werden.
Als denkbares Vorbild nennt die CDU das CoWoNE-Center in der Neusser Fußgängerzone. Auf 500 Quadratmetern können Unternehmen Büros von sechs bis 61 Quadratmetern, aber auch Arbeitsplätze in einem Coworkingspace anmieten, auch ein Seminarraum steht zur Verfügung. Das Center diene auch der Begegnung, um Ideen auszutauschen, „viele Unternehmer haben ähnliche Probleme“, sagt Jan Trost, einer der Geschäftsführer.
Bleibt die Frage, wann ein ähnliches Projekt an der Bergheimer Straße möglich ist. „Es steht noch nicht fest, ob wir das Gebäude weiter benötigen“, sagt Stadtsprecher Stephan Renner. Der Komplex diene als Ausweichquartier bei Schulsanierungen, Teile würden von der Volkshochschule genutzt. Geplant war, dass dort die dritte Gesamtschule startet, um später zum Heyerweg in die heutige Diedrich-Uhlhorn-Realschule zu wechseln. Allerdings liegt das Gesamtschulprojekt aus finanziellen Gründen auf Eis.
„Die Idee für Startup-Büros dort ist nicht verkehrt, aber wir sollten größer denken“, sagt SPD-Fraktionschef Daniel Rinkert. SPD, Grüne und Mein Grevenbroich machen sich für einen Architekten- oder städteplanerischen Entwicklungswettbewerb stark, der laut Rinkert das Gebiet vom Platz der Republik bis zum alten Bauhof und zur alten Realschule umfassen soll. Neben der Schaffung von Wohnraum könnten dort etwa ein Hochschulinstitut, eine Weiterbildungsstätte oder ein Start-up-Zentrum geschaffen werden.